Mittwoch, 17. September 2008

Huge Workload

Vorerst möchte mich entschuldigen. Aufgrund des immensen Arbeitsaufwands und der schlichtweg fehlenden Zeit war es mir nicht möglich, einen neuen Blogeintrag zu verfassen. Allerdings werde ich nun versuchen die letzten zwei Wochen so gut es geht Revue passieren zu lassen. Die wichtigste Nachricht: Internship bei AeA gesichert. Sehr gut. But first things first.

Anfang letzter Woche bekam unsere Klasse Besuch von Michele Levi, CBS und Fernando Suarez, CNN. Beides ihres Zeichens junge Journalisten, die in den Politabteilungen ihrer jeweiligen Sendergruppe arbeiten und die demokratischen und republikanischen Conventions bearbeitet haben. Beide erzählten von ihrer Arbeit allgemein und den Karrierestufen, die sie bis jetzt hinter sich gebracht haben. Klassischerweise gehört dazu der Anfang als absolut winziger Fisch, und wenn man Talent und Glück hat und Hartnäckigkeit beweist, bekommt man vielleicht die Chance einen Schritt auf der Leiter zu steigen. "But it's a hack of work."
Im Anschluss hörten wir einen Vortrag von Lindsey Bomar, ehemalige Semesterstudentin und jetzt Mitarbeiterin in der McCain-Palin Kampagne im Frauencommittee. Sie hat ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und sich auch verplappert, was sie genau gesagt hat will ich hier nicht schreiben, es könnte zu Verwirrungen kommen, allerdings bin ich gern bereit es den Leuten per Email mitzuteilen, wenn Bedarf besteht. Insgesamt war sie allerdings bisher die schwächste aller RednerInnen und konnte nur wenig Neues und so gut wie nichts substanziell Neues beitragen. Im Großen und Ganzen ging es prinzipiell nur um die typischen Politfloskeln, warum McCain-Palin wohl doch das bessere Duo als Obama-Biden sei.

Am Dienstag fand eines der Highlights statt. Der Besuch in den Redaktionsräumen der Washington Post und ein Gespräch mit drei Journalistinnen der Lokalabteilung. Noch nie habe ich so ein großes, aber gleichzeitig enges und vollgepacktes Büro gesehen. Fotos waren leider nicht erlaubt, es war jedoch auf jeden Fall sehr beeindruckend so etwas zu sehen und gerade vor dem Hintergrund des Buches das ich gerade lese (Woodward, Bernstein: All the President's Men) ist es "even more impressive" Einblick in diese heiligen Hallen zu bekommen. Auf dem Weg vorbei an der Toilette fiel uns Chuck Lane in die Arme. Wohl einer der bekanntesten und renommiertesten Journalisten des Landes und Hauptperson im Journalistenfilm "Shattered Glas" den wir uns in der Woche zuvor angesehen haben. Eine der bereits erwähnte Lokaljournalistinnen hat früher in der internationalen Abteilung gearbeitet. Sie war es, die vor einigen Jahren den Murat Kurnaz Fall aufgedeckt hat. Ihr, wie sie gesagt hat, beruflich gesehen größter Erfolg. Es war spannend zu sehen, welche Person hinter einer Sache steckt, die beinahe der halben führenden politischen Elite der Bundesrepublik den Kopf gekostet hätte.

Am Mittwoch war Anuj gupta zu Gast, seines Zeichens Regionalkoordinator der Obama-Biden-Campaign in Virginia. Ebenfalls wie Obama Absolvent der Harvard-Law-School und gerademal 26 Jahre jung, ist es seine Aufgabe Wahlveranstaltungen zu organisieren, Wählerkontakte zu knüpfen und das Heer von Freiwilligen zu befehligen, dass der Kampagne Untertan ist. Mit dem Angebot für einige Wochenende doch selber mit an der Kampagne teilzunehmen, sprach er über seinen bisherigen Werdegang, seinen Beruf und natürlich über wahlkampfpolitische Themen und warum Herr Obama denn der bessere Kandidat als Herr McCain wäre. Etwas instrumentalisiert zwar, aber dennoch interessant und unterhaltsam, weil es endlich mal jemand war, der in unserem Alter ist, sich ähnlich kleidet und "einer von uns ist".
Am Donnerstag und Freitag hatte ich meine ersten beiden Praktikumstage bei der AeA. AeA steht für American Electronics Association und es handelt sich dabei um eine amerikanisch Lobbyistenfirma, die für Kunden wie Microsoft, Google, Dell, Motorola, IBM, Intel, Infineon, Yahoo! etc Lobbyarbeit im Kongress macht. Das Büro ist im "Regierungsviertel" in der Pennsylvania Avenue zwischen Kongress und Weißem Haus in einem repräsentativen Bürogebäude. Untergebracht bin ich dort im Department for Domestic Policy und werde mich also mit Gesetzes- und Politikentwicklungen auf nationaler Ebene beschäftigen, sofern Kunden davon betroffen sind. Naja die Realität sieht bislang anders aus. Ich muss ganz viel Research machen und Exel Tabellen erstellen. Allerdings darf ich auch zu den Business Meetings mit den Geschäftsmännern und Lobbyisten, es gibt gratis Kaffee und Donuts und ich habe gelernt, dass wenn ich mich vorstelle ich immer sagen muss: Florian Linz, AeA! Und zwar deshalb weil ich, wie es mein chef gesagt hat, "jetzt an Bord bin"... Naja.




Am Samstag war Relaxing angesagt. Ich war nur kurz mit hans bei einem Basketballevent im Verizon Center. Leider waren wir zu spät und alle A-promis (zum Beispiel Ervin "Magic" Johnson) waren schon wieder weg. Am Sonntag habe ich mit Nils das Jefferson Memorial besucht. Zu sehen ist es auf einem der unteren Bilder vom Washington Monument aus.



Am folgenden Montag war wieder ein strammes Class-Program angesagt. Los gings morgens um kurz vor neun. Tim McCaughan, CNN Produzent für Berichte über das Weiße Haus war zu Gast. Ein äußerst interessanter Mann, arbeitet er doch beim Fernsehen, jedoch hat er eine Krankheit die es im unmöglich macht Mimik einzusetzen. Der Mann hat keinen Gesichtausdruck und kann nur sehr schwer lachen oder den Mund verziehen, ganz zu schweigen von Emotionen die Mann über die Augen vermittelt. Er erzählte von seinem Alltag und was man als guter Fernsehjournalist braucht um im Alltag bestehen zu können. Für ihn ist es vor allem deshalb schwierig, weil er eigentlich ein lustiger Mensch ist, ihm man das aber nicht abnimmt, weil er immer den selben, ernsten Blick hat.

Im Anschluss hörten wir einen Vortrag von Emily Yoffe, einer Internetjournalistin die für www.slate.com Kolumnen schreibt. Zum Beispiel diese hier oder diese oder diese. Sie war (nicht nur optisch) das genaue Gegenteil zu McCaughan, nämlich eine furchtbar energische und vor Elan sprühende Person, die voller Witz und Tatendrang in ihren Texten von ihrem Leben und dem Leben anderer erzählt.

Am Dienstag waren wir zu Besuch in der Senate Press Gallery, das heißt den Presseräumen des Senates der Vereinigten Staaten. Joe Keenan, der Chef der Pressegallerie und Tom Ferraro, Kongress-Korrespondent von Reuters International waren unsere Guestspeaker und plauderten ein wenig aus dem Nähkästchen. Es ging hauptsächlich um die Auswirkungen von 9/11 auf das Verhältnis von Kongress und Presse beziehungsweise um das Spannungsverhältnis der beiden Berufsfelder der Guestspeaker. Im Anschluss durften wir einer echten Senatssitzung beiwohnen. Das hätte spannend sein können, leider waren von hundert möglichen Senatoren jedoch nur 2 im Sitzungssaal anwesend und deren Englisch war so unverständlich, dass es äußerst schwierig war, überhaupt das Thema der Aussprache zu erfahren. Naja. Zum Mittagessen waren wir in der Kongresskantine und haben Cheeseburger und French Fries gegessen, das war interessanter.


Am Nachmittag waren wir beim Washingtonian Magazine zu Gast. Dem wohl besten, bekanntesten und Auflagenstärksten Stadtmagazin der USA. Die Auflage erreicht 160.000 Exemplare monatlich bei einer Einwohnerzahl von circa 500.000. Das ist enorm. Der Chefrdakteur und die Herausgeberin referierten über das thema Wochen- und Monatsmagazine, deren Inhalte, Gestaltungsoptionen und Möglichkeiten der Kundenbindung. So gibt es zweimal im jahr ein großes Restaurantesten im Magazin. Sämtliche Restaurants werden nach ihrer güte bewertet und es ist wohl schon vorgekommen, das durch schlechte Bewertungen im Magazin, manche Restaurants einen großen Teil ihrer Kunden verloren haben. Das Washingtonian Magazine ist also eine einflussreiche "Institution" hier und man sollte lieber aufpassen, dass man nicht einem der Mitarbeiter ein schlechtes Essen kocht.
Der Mittwoch war vollgepackt mit Vorträgen. Zuerst war morgens Dave Martin dran. CBS-TV Korrespondent im Pentagon. Er schreibt Artikel über "Issues of National Security", hat aus dem Irak und Afghanistan berichtet und ist Preisträger zahlreicher Journalistenauszeichnungen.
Direkt danach waren wir bei Carolyn McCarthy, einer Kongressabgeordneten aus new York eingeladen. Sie ist die Hauptgegenerin der Waffenlobbyisten der National Rifle Association im Kongress und stärkste Verfechterin der Einschränkung des Rechts auf Waffenbesitz in den USA. Der Grund dafür liegt in ihrer Biografie, wurde doch ihr Ehemann vor knapp 12 Jahren in der U-Bahn in New York wahllos von einem Verrückten erschossen. Auch der damals sechs jährige Sohn wurde getroffen, überlebte die zahlreichen Schussverletzungen im Kopf auf wundersame Weise, ist jedoch heute schwer behindert und der kopf besteht zu einem großen Teil aus Stahlplatten. Nach dieser zäsur hat sich die ehemalige Republikanerin auf einen demokratischen Kongressplatz in New York beworben, prompt die Wahl gewonnen und ist heute eine der führenden Politikerinnen der Nation "on gun legislation". In ihrem Vortrag ging es eher um ihren Alltag als Politikerin und weniger um substanzielle politische Fragen, dennoch war aber gerade das einer der bisherigen Höhepunkte des Semesters.


Wieder zurück am Tenley Campus sprach Scott Armstrong, ein sehr bekannter Journalist ("a living investigative journalism legend") und Co-Ermittler der Washington Post bei der Watergate-Affäre während der Nixon-Regierung. Dieser Vortrag war für mich jedoch relativ sinnlos. Der Mann war alt, scheinbar Alkoholiker, hatte eine unverständliche, weil sehr leise und kratzige Stimme und über meinem Kopf lief die Air Condition auf Hochtouren. So konnte ich meist nicht entziffern was er uns sagen wollte und wenn es mir dann doch einmal gelang, habe ich den Zusammenhang nicht verstanden. Naja Schwamm drüber, es gab schon besseres.

Donnerstag und Freitag war wieder Internship angesagt. Viel Research und PC Arbeit. Das Highlight war jedoch der Besuch des "Senior Economic Policy Advisor" von John McCain in der Firma, also der Mann, der Mister McCain sagt, was er auf wirtschaftspolitische Fragestellungen antworten soll und dessen Aufgabe es ist, den amerikanischen Wählern wieder mehr vom (vermeintlichen) Wirtschaftsaufschwung in die Tasche zu bringen. Als Professor für Economics muss er ja wissen wie das geht. Alle anwesenden Mitarbeiter haben beim Meeting ihre Businesscards in einen behälter gegeben um ein bisschen Networking zu betreiben und im Falle eines Wahlsieges schon einen direkten Draht zur Regierung zu haben (naja so sind Lobbyisten scheinbar). Leider habe ich keine Businesscard... kein Kontakt zur US-Regierung also für mich. Naja schade.

Samstag Nachmittag war ich mit Nils auf dem Washington Monument und konnte bei herrlichem Wetter über die ganze Stadt blicken. Fotos gibt es natürlich auch. Danach waren wir beim Vietnam Memorial und offensichtlich muss eine Art Veteranentag gewesen sein, weil viele alte Männer vor dem Gedenkstätte standen und nach Namen gesucht haben. Angehört habe ich mir einen Vortrag von einem Vietnam-Veteran über die Geschichte des Krieges und das Memorial selbst. Mir war nicht ganz klar, dass der Krieg tatsächlich von 1955 bis 1975 gedauerrt hat. Der erste Soldat ist allerdings erst 1959 gestorben. Daraus ergibt sich, weil der letzte Tote erst 18 war, dass dieser Soldat zum Zeitpunkt des Todes des ersten erst zwei jahre alt war und sich die USA somit quasi eine ganze Generation im Krieg befand. Ergreifend ist nicht nur die Auflistung aller circa 58.000 Namen von verstorbenen Soldaten, sondern vor allem die persönlichen Dinge wie Briefe und Bilder, die immer wieder von Angehörigen niedergelegt werden. offen sichtbar schreibt zum Beispiel eine alte Frau, wie sehr sie doch ihren Freund von damals vermisst und sie es eigentlich nie verwunden hat ihn gehen zu sehen und später von seinem Tod zu hören. Nach einem längeren Fussmarsch sind wir dann am Pentagon angekommen und haben uns das Memorial für 9/11 angeschaut, das vorige Woche eingeweiht wurde. Es ist schon komisch zu wissen, dass man nun genau an dem ort ist, wo alles passiert ist und man sehen kann wie stark sich die Gebäudefarbe zwischen alten und neuen Steinen im Pentagon an der Absturzstelle unterscheidet.


Heute waren wir beí der wohl amerikanischsten aller Sportarten. American Football. Washington Redskins gegen Arizona Cardinals. Es ist unbeschreiblich, in das Stadion passen circa 100.000 Menschen und auf dem parkplatz wird schon einen Tag vor dem Spiel gegrillt und gezeltet. Es ist wie auf einem Volksfest. Wir hatten zwar leider nur Karten in der vorletzten Reihe des vierten Stockwerks, also ungefähr 100 Meter vom Spielfeld weg, aber dennoch war die Atmosphäre gigantisch. Ein absolutes Muss für jeden Amerika-Besucher.


Sonst gibt es bislang nicht recht viel neues. ich denke auch, dass das jetzt auch genug war. In der kommenden Woche versuche ich etwas regelmäßiger und aktueller zu schreiben, versprechen kann ich jedoch nichts.

Freitag, 5. September 2008

Die Uni hat begonnen.

Freitag, 5. September, noch immer keine Praktikum gesichert, am Horizont jedoch einzelne rettende Inseln in Sicht. Das könnte mein Logbucheintrag heute sein, wenn ich ein Seemann wäre. Ich bin aber Student und schreibe deswegen etwas ausführlicher. Das letzte Wochenende war "typical American". Baseball war angesagt. Washington Nationals gegen Atlanta Braves. Nur ganz kurz: Das war das erste und letzte Mal, dass ich beim Baseball war, dennoch war es faszinierend zu sehen, wie es bei dieser Sportart auf den Raengen zu geht und zu erfahren, dass das Klischee des Baseballfans mit einem Hut aus Nachos mit Salsa-Dip in der Krempe doch nicht ganz so wahr ist. Dennoch, wer zum Baseball ins Stadion geht, macht das nicht um sich diesen langweiligen Sport anzusehen, sondern um zu essen, um zu essen, um zu essen und um Bier zu trinken. Hot-Dogs, Nachos, Pizza, Burger, Chilli. Die Familie in der Reihe vor uns hat alles ausprobiert. Ja, so ein Spiel dauert drei Stunden, aber muessen es wirklich sechs Gaenge sein und danach noch eine Jumbo-Packung Erdnuesse? Die vergangenen Tage waren äußerst ereignisreich. Der Unterricht hat endlich begonnen, die Praktikumssuche neigt sich dem Ende entgegen und in der Präsidentschaftswahlkampf nimmt langsam Fahrt auf.


Montag war hier noch Feiertag: "Laborday", was soviel heißt, dass alle arbeiten müssen, außer die die es sich leisten können nicht zu arbeiten. Ich hab den Tag genutzt und war mit einem Komillitonen in einem der Smithonian Museums, dem National Air and Space Museum. Freier Eintritt und eine große Vielfalt an Luft- und Raumfahrtausstellungen. Alles etwas altbacken zwar von der Aufmachung her, jedoch dennoch sehr interessant und informativ. Landekapseln von Apollo 11 und 13, eine V2 Rakete, die Spirit of St. Louis, Militärflugzeuge, alte zivile Frachtflugzeuge, dazu jede Menge Textinformation auf Schautafeln und Bilder. Leider hatten wir nur zwei Stunden Zeit bis zur Museumsschließung und so musste auf so manche Detailinformation verzichtet werden. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn das große Gesamtbild der Ausstellung hab ich mitbekommen: Die US-Luftfahrtgeschichte ist eine Geschichte voller Erfolg und Stolz. Wie eigentlich alles in den USA.


Dienstag hat dann die Uni begonnen. Das Thema der ersten Stunde war "Ethics in Journalism. Do public persons deserve private lifes?" Unglaublich passend dazu war dann am Wochenende der "Skandal" um die unverheiratete, schwangere Tochter der republikanischen Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Dürfen Reporter in das Leben der Tochter eindringen? Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Glaubwürdigkeit der Mutter? Wie steht es um ihre politischen Ansichten als Pro-Life Aktivistin und Vertreterin kreationistischen Gedankenguts und Gegnerin von Sex unter Teenagern? Darf das Leben der Tochter die Positionsglaubwürdigkeit der Mutter beeinflussen? Ist die Schwangerschaft der Tochter im Endeffekt vielleicht sogar wahlentscheidend, darf sie das sein, ist es ein Skandal, oder eben doch einfach Privatsphäre? Das thema wurde hitzig diskutiert in der Klasse und es zeichnet sich ab, das Amerikaner doch eher dazu tendieren, solche Skandale auszuschlachten. Während Gerhard Schröder vier Ehefrauen hatte, Präsident Sarkozy mit einer Frau zusammen ist, die beispielsweise mit Mick Jagger im Bett war und hierzulande prinzipiell kein Hahn danach gekräht, werden in den USA schon kleinste familiäre Unstimmigkeiten von den Medien und den politischen Gegnern genutzt um Wählerstimmen zu angeln. Es ist ein harter Kampf und die Tatsache, dass solche Dinge hier eine große, wenn nicht sogar übergroße Rolle spielen, unterscheidet Politik hier doch sehr von unserem "europäischen" Politikstil. Nach der Classdiscussion sind wir dann auf einen Fieldtrip gegangen. Das Motto: "Washington beyond the monuments". Wie und was ist Washington abseits von Politik und Wirtschaft? Was macht Washington als Stadt aus. Um darüber etwas zu erfahren, haben wir Ben's Chilli Bowl besucht, eine Fast-Food-Restaurant, dass letzte Woche 50 jähriges Jubiläum gefeiert hat und somit die Geschichte Washingtons seit 1945 beinahe komplett mitgemacht hat.



Guestspeaker waren der Geschäftsführer des Ladens und ein bekannter Lokaljournalist,
Harry Jaffe, die über das Leben in Washington, Rassentrennung, Politskandale, Entwicklungen im Schulbereich, Straßenbrände und und und erzählten. So ist Washington erst seit nicht allzu langer Zeit ein sicherer Ort. Noch vor 15 Jahren war die Stadt in zwei komplett gegensätzliche Teile gegliedert. Im Nord- und Südwesten die reiche weiße Mittel- und Oberschicht, im Nord- und Südosten, die arme, kriminelle, drogensüchtige schwarze Unterschicht. Erst seit einigen Jahren spielt der Anacostia-River nicht mehr eine große Rolle im Bezug auf "Racial Segregation" die Nachwirkungen sind jedoch immer noch sichtbar und man sollte es als Weißer möglichst vermeiden, nachts durch den Südosten der Stadt zu ziehen. Tagesabschluss war das Anschauen eines Films ("Shattered Glass") über das Leben als junger Journalist und Moral und Ethik im Journalismus allgemein.


Mittwoch war wieder Uni angesagt. Allerdings nur Field-Trips und Vortraege (auf einer amerikanischen Tastatur gibt es leider keine Umlaute). Morgens waren wir bei Tom Rosenstiel im Gebaeude des Pew Reasearch Center. Er hat eines der Buecher geschriben, mit dem wir hier arbeiten ("Elements of Journalism") und hat uns einen Vortrag ueber akuelle Entwicklungstendenzen im Journalismus und den Wandel des journalistischen gehalten. Ist Journalismus heute noch das selbe wie vor 30 Jahren? Wo liegen die Unterschiede? Die Essenz des wirklich spannenden Vortrags war, das die Aufgabe des Journalisten heute natuerlich eine andere ist als frueher. Die Arbeitsmethoden, die Ethik und die gesellschaftliche Stellung sind immer noch aehnlich, doch waehrend der Journalist frueher als Gate-Keeper fungiert hat, der darueber entscheidet, was in die Nachrichten kommt und was nicht, ist er heute eher ein Dienstleister, der den Menschen dabei hilft sich mit Themen moeglichst intensiv auseinander zu setzen und die Informationsflut zu bewaeltigen. Er bringt Ordnung ins Informationschaos und gibt den Buergern die Moeglichkeit, sich strukturiert in Sachverhalte einzuarbeiten um auf diese Weise zu wohlueberlegten Entscheidungen zu kommen. Das war in Kuerze das was er gesagt hat. Natuerlich war es insgesamt noch viel mehr und vor allem detailreicher, es waere an dieser Stelle jedoch zu langwierig (und wahrscheinlich auch zu uninteressant fuer die Leser) alles nocheinmal auszubreiten. Im Anschluss an den Vortrag haben wir eine kleine Tour durch die Stadtviertel am Dupont Circle und Adams Morgan gemacht. Dies sind die Viertel, in denen sich eher das kulturelle Leben abspielt. Hier wohnen Kuenstler, Schauspieler, es gibt jede Menge Bars und Gallerien, alternative Buch- und Musiklaeden und vor allem auch die Architektur unterscheidet sich signifikant von den grossen Marmorgebauden des Regierungsviertels. Hier stehen kleine bunte Reihenhaeuser nebst grossen Glaspalaesten. Auf Gruenflaechen und unter Baeumen schlafen die Homeless-People neben Familien beim Nachmittagspicknick. Alles geht hier gemuetlicher zu und ist weniger steif als in der Naehe des White House. Sogar die Alkoholsuechtigen Homeless auf der Strasse sind freundlicher und vor allem einfallsreicher. Man bekommt eine kleine Tanzvorfuehrung und ein Staendchen gesungen, nur damit man einem alkoholkranken Schwarzen vor dem Liquor-Store 25 Cent gibt. Alles sehr gegensaetzlich und irgendwie auch verstoerend, Menschen zu sehen, die morgens auf offener Strasse Morgengymnastik neben ihrem "Bett" machen. Nachmittags waren wir zu einem Vortrag am Main Campus im Kays Spiritual Life Center. Gastredner war Thomas R. Pickering, einer der bedeutensten US-Diplomaten der letzten 50 Jahre. Botschafter der USA in Russland, Indien, Israel, El Salvador, Nigeria und Jordanien, sowie bei der UN in new York. Staatssekretaer und engster Aussenpolitikberater von Henry Kissinger und Namenspatron eines Stipendienprogramms der US-Regierung fuer angehende Diplomaten. Ein hochinteressanter und wichtiger Mann, der seinen Vortrag ueber die aktuelle aussenpolitische Situation der USA keinen weniger pompoesen Namen haette geben koennen als "Foreign policy advices to a new president - Aussenpolitische Anweisungen fuer den neuen Praesidenten"! In gut einer dreiviertel Stunde ueberflog er die wichtigsten Eckpunkte US-amerikanischer Aussenpolitik und deren Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Der mittlere Osten, China, Russland, Umwelt, Energie, Europa, internationale Organisationen. Ein Demokrat durch und durch und mit dem Charme eines alten weitgreisten Mannes lieferte er eine brutale Abrechnung mit dem Politikstil der Buchregierung in den letzten acht Jahren.

Gestern war nichts besonderes. Ein Job-Interview und ein Besuch in der National Gallery of Art. Michelangelo, Rafael, da Vinci, Kuenstler des Mittelalters, Duerer, aber auch Picasso, Monet, Manet. Dazu ein Skulpturengarten, unter anderem mit Arbeiten von Roy Lichtenstein. Leider hab ich es aus Zeitgruenden wieder nur geschafft einen Teil des Museums zu besichtigen. Der Ost-Fluegel, mit moderner Kunst kommt irgendwann in den naechsten Tagen dran. Vielleicht heute Nachmittag. Bilder werden demnaechst noch nachgereicht.

Zum Abschluss noch die Rede von Barack Obama von der Democratic National Convention. Wahrscheinlich konnte man sie in Deutschland nicht in voller Laenge verfolgen, daher hier der YouTube-Clip. Die Rede von John McCain folgt bald.